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Vordenker und Gestalter

Weingartner Wendelin LHEr war in seiner Spitzenkarriere ein leidenschaftlicher Politiker, wenn auch kein sprichwörtlicher Parteipolitiker. Er blieb in dieser Ära seines Wirkens ein bescheidener Mensch ohne große Gesten, der niemals im bloßen Eigeninteresse gehandelt hat. Er war nicht nur ein Gestalter, sondern vor allem auch ein Veränderer. Er hat die Gabe, mit einem jeden reden zu können, was die beeindruckenden Gespräche mit Schülern und Schulklassen stets bewiesen haben: Es dreht sich um Alt-Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner, der am 7. Februar das 85.Lebensjahr vollendet.

Der gebürtige Innsbrucker zählt zu den großen politischen Persönlichkeiten unserer Landes, wirkt heute noch mit Schwung und Elan, teilte die Liebe zur Natur als Bergsteiger und Tourengeher mit Bischof Dr. Reinhold Stecher und diente unserem Land Tirol als Vordenker und Gestalter: Ihm war es gegeben, als Regierungschef das Wesentliche stets im Auge behaltend, doch auf Nöte und Sorgen des kleines Mannes nicht zu vergessen. Beeindruckend war sein Detailwissen im Tiroler Landtag zum Thema Südtirol und berührend waren seine Schilderungen über die vielen Jahrzehnte, in denen es den Tirolern südlich des Brenners ausgesprochen schlecht erging. Seine Mutter war in dieser katastrophalen Zeit Katakombenlehrerin, die in den dreißiger Jahren den Südtirolern Deutsch lehrte, während Italienisch die einzige erlaubte Sprache war. Seine Verbundenheit mit Südtirol beweist Dr. Weingartner heute noch als beliebter und gefragter Vortragender zu verschiedenen Themen und Anlässen im Land an Etsch, Eisack und Drau.

Dr. Wendelin Weingartner wurde am 24. September 1993 zum 7. Landeshauptmann von Tirol nach dem 2. Weltkrieg gewählt. Unerwartet kam 1989 die Berufung zum Landesrat für die Ressorts Wirtschaft, Finanzen und Tourismus. Landeshauptmann Dipl. Ing. Alois Partl holte ihn am 4. April 1989 in die Politik. Am 16. März 1991 wurde er zum Obmann der Tiroler Volkspartei gewählt. Und am 3. Oktober 1992 stand er als Spitzenkandidat der Tiroler Volkspartei für die Landtagswahl 1994 fest. Bei diesen Wahlen erzielte die ÖVP mit 19 Mandaten von 36 wieder die absolute Mehrheit.

Weingartner Wendelin LH 2Wendelin Weingartner ist der Sohn des aus Leisach stammenden Hofrates Dipl. Ing. Hans Weingartner, der als Vertrauter von Landeshauptmann Wallnöfer sein Lebenswerk mit einer Leistung von unabschätzbarer Zukunftsbedeutung abrundete: Er konzipierte im Auftrag der Tiroler Landesregierung die Grundlagen eines Entwicklungsprogrammes für Tirol. Weingartners Mutter stammte aus Bozen. Der Jubilar ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Nach der Matura und anschließendem Präsenzdienst begann Dr. Wendelin Weingartner an der Universität Innsbruck das Jusstudium, das er 1961 mit der Promotion beendete. Das Jahr 1963 markierte den Beginn seiner Tätigkeit bei der Tiroler Landesregierung, 1964 bis 1966 war er für den Verwaltungsgerichtshof in Wien tätig, kehrte dann in den Landesdienst zurück und wurde 1970 vom damaligen Landeshauptmann Eduard Wallnöfer zum Abteilungsvorstand der neugeschaffenen EDV - Abteilung bestellt.

Sechs Jahre später übernahm Weingartner die Abteilung Wohnbauförderung, örtliche Raumplanung und Baupolizei. Die Neuerstellung eines finanziellen und organisatorischen Konzeptes für die Wohnhbauförderung des Landes Tirol war in dieser Zeit seine wichtigste Aufgabe. 1984 zum Vorstandsvorsitzenden der Landes - Hypothekenbank bestellt, kümmerte sich Weingartner in den Folgejahren um die Umstrukturierung der Hypo - Bank von einer Spezial- zu einer Universalbank. Die Gründung einer Tochtergesellschaft sowie einer Repräsentanz in Bozen fielen ebenfalls in seine Zeit als Chef der Landesbank.

In der mehr als neun jährigen Amtszeit als Landeshauptmann deponierte Weingartner die aktuellen Probleme unseres vom Transit geplagten Landes zwischen Innsbruck - Wien und Brüssel. Er vertrat eine energische Politik der Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Er arbeitete auch an der im Entstehen begriffenen Europaregion Tirol mit und trat für die Einrichtung es Tiroler EU - Büros in Brüssel ein. Ein wenig „Tirolität in Brüssel, ein wenig mehr davon täte nicht schlecht“, war dazu Weingartners Devise. Er sah die Vorteile des großen europäischen Marktes für die Tiroler Wirtschaft, die Sinnhaftigkeit einer gemeinsamen Währung für den Fremdenverkehr.

Zu seinen Herzensangelegenheiten zählte seine Politik des Abbaues von Grenzen für das getrennte Tiroler Volk. So berührte es ihn in besonderer Weise, als er zusammen mit Südtirols Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder im Frühjahr 1998 am Brenner „Freie Fahrt“ geben konnte. Groß war sein Einsatz für die im Entstehen begriffene „Europaregion Tirol – Südtirol –Welschtirol“. Zu den weiteren Anliegen Weingartners zählte die Befürwortung des Föderalismus, wenn es um Anliegen zwischen Zentralstaat und Bundesland Tirol ging. Aber auch Tirols Wirtschaft kann heute dank Weingartners Weitblick und Zähigkeit eine überdurchschnittlich gute Bilanz im Wettbewerb der Bundesländer ziehen. Viele Unternehmen mit Zukunftstechnologien haben sich in Tirol niedergelassen. Weingartner trat immer wieder dafür ein, dass man sich auf tirolische Werte besinnen, aber auch den Mut zu Veränderungen bewahren sollte. Vor allem das letzte Jahr der Regierungstätigkeit Weingartners war von einem zentralen Thema geprägt: die geplante Holding zwischen landeseigener Hypobank und Südtiroler Sparkasse, deren Scheitern führte schließlich zum Rücktritt des designierten Nachfolgers, LHStv. Ferdinand Eberle, der im Oktober 2001 den Parteivorsitz an Weingartners Nachfolger DDr. Herwig van Staa abgab. Am 26. Oktober 2002 wählte dann der Tiroler Landtag Van Staa zum Landeshauptmann von Tirol und damit zum Nachfolger Weingartners als Regierungschef. In seiner knapp bemessenen Freizeit trieb es Weingartner auf die einsamen Wege, die zwischen den Felsen zu den Gipfeln führen. Von dort hat er den Blick über das Land Tirol, einen grenzenlosen Traum der Europaregion, in eine grenzüberschreitende Realität zwischen Karwendel und Dolomiten. Auch im Ruhestand kommt die Natur nicht zu kurz. Er genießt es ausgiebig, seinen privaten Interessen nachgehen zu können: “Endlich kann ich ein Buch zu Ende lesen und Konzerte und das Theater nicht nur aus Pflicht besuchen.“

Dr. Heinz Wieser